Umweltpreis der Sparkasse Pforzheim Calw 2005

Die Umweltstiftung der Sparkasse Pforzheim Calw verleiht den Umweltpreis 2005:

  • für ein neues Verfahren, um gesundheitsgefährdende Keime in der Luft zu messen
  • für eine effektive Methode, den Abfluss großer Niederschlagsmengen zu verzögern und dadurch Entwässerungssysteme kostengünstiger betreiben zu können.
  • für einen vorbildliche Umweltbildungsverein wird ein Anerkennungspreis verliehen.

Der diesjährige Umweltpreis der Sparkasse Pforzheim Calw wird geteilt. Ein Preisgeld in Höhe von 10 000 Euro erhalten der Mediziner Dr. Stefan Fennrich von der Universität Konstanz und Johannes Baur von der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Baden-Württemberg. Mit einem Preisgeld in gleicher Höhe wird der Beratende Ingenieur Harald Güthler von der „Ingenieurteam Güthler GmbH“ ausgezeichnet. Der Anerkennungspreis geht an den Umweltbildungsverein ARANEUS in Mühlacker.

Die ausgezeichneten Projekte

Konstanzer Lufttest

Gesundheitsgefährdende körperliche Reaktionen wie Fieber oder Allergien können durch Umweltkeime hervorgerufen werden. Auslöser sind aber nicht nur lebende Bakterien oder Pilze, auch Überreste abgestorbener Keime, so genannte „Pyrogene“ können verantwortlich sein.

Solche Keime lassen sich mit einem In-Vitro-Pyrogentest (IPT) nachweisen, der an der Universität Konstanz entwickelt wurde. Dabei wird in einem Tropfen menschlichen Blutes eine Entzündungsreaktion stimuliert und die Menge der dabei ausgeschütteten körpereigenen Substanz „Interleukin-lß“ gemessen. Dieser Botenstoff übermittelt dem Fieberzentrum im Gehirn Informationen über Verunreinigungen im Blut und ist somit ein Maß für die Menge an fieberauslösenden Stoffen im Körper. Injizierbare Arzneimittel etwa können damit auf Pyrogene getestet werden, so dass auf den bisher gesetzlich vorgeschriebenen Kaninchen-Pyrogentest künftig verzichtet werden kann. Bei dem Reagenzglas-Test stellt sich auch das generelle Problem von Tierversuchen nicht, nämlich die Unsicherheit, wie weit die Ergebnisse auf Menschen übertragbar sind.

Pyrogene werden ebenso wie Bakterien oder Pilze auch durch die Luft übertragen, etwa durch Klimaanlagen verbreitet, wodurch es etwa zum „Siek Building Syndrom“ kommen kann. Aber auch in Müllsortieranlagen oder landwirtschaftlichen Betrieben droht Gefahr durch verunreinigte Luft. Bisher gab es keine Methode, das gesamte Spektrum an biologischen Kontaminationen in einer einzigen Messung nachzuweisen. Luftgetragene Pyrogene konnten mit dem so genannten Lirnulus-Amöbozten-Test“ nur teilweise 11 erfasst, Mikroorganismen mussten erst zeitaufwendig kultiviert werden. Zudem ließ sich aus den gemessenen Werte nicht unmittelbar auf das tatsächliche Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigungen schließen.

Letzteres ist mit dem in Konstanz entwickelten, weltweit patentrechtlich geschützten IPT möglich, der die von den Schadstoffen im menschlichen Blut ausgelösten Fieberreaktionen direkt anzeigt. Die Erweiterung des Tests auf mit der Luft verbreitete biologische Verunreinigungen gelang der Arbeitsgruppe „In-Vitro-Pyrogentest-Entwicklung“ am Lehrstuhl „Biochemische Pharmakologie“ der Universität Konstanz unter Leitung des Mediziners Stefan Fennrich. In Zusammenarbeit mit Johannes Baur, Mitarbeiter der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (LBG) Baden-Württemberg, konnte die Messmethode auf Arbeitsplätze im landwirtschaftlichen Bereich übertragen werden. Seine Nagelprobe bestand der Test in einem bäuerlichen Betrieb in Konstanz-Wallhausen.

Bei dem Test werden die Schadstoffe in einem Teflonfilter (Durchmesser 37 Millimeter) gesammelt und mit vier Milliliter verdünntem Blut versetzt. Die über Nacht entstandene Menge des Botenstoffs Interleukin-lß ist ein Maß der biologischen Luftbelastung für den Menschen. Zur Zeit existieren keine praktikablen Richt- oder Grenzwerte. Das Messverfahren bietet nun die Voraussetzung, solche Werte abzuschätzen und zum Gesundheitsschutz beizutragen.

Darüber hinaus zeigen erste Studien, dass sich auch das Risiko für Tiere abschätzen lässt. Dazu muss das Blut der entsprechenden Tierart im Test eingesetzt werden. Das hat wirtschaftliche Bedeutung im bäuerlichen Betrieb, denn es ist bekannt, dass Lungenerkrankungen und deshalb niedriger Masterfolg bei Schweinen mit eingeatmeten Pyrogenen zusammenhängen können.

Die Abflussbremse, damit Kanalisationen nicht überlaufen

Das Wetter ist bekanntlich schwer vorherzusagen. Völlig unmöglich ist es jedoch, Jahre im Voraus zu prognostizieren, wann und wie viel es regnen wird. Daher müssen Kanalisationen zusätzlich mit Regenüberlaufbecken oder Staukanälen ausgelegt werden, um auch große Niederschlagsmengen in kurzer Zeit aufnehmen und abführen zu können. Nur so lassen sich Überläufe vermeiden, durch die Gewässer stark verschmutzt sowie Kläranlagen überfordert werden. Die üblichen Volumenreserven werden jedoch nur wenige Male im Jahr benötigt. Eine ökonomisch und ökologisch wesentlich günstigere Lösung stellt die HydrOstyx-Abflussbremse dar, die vorn Güthler Ingenieurteam in Waldshut-Tiengen entwickelt wurde. Bei dieser preisgünstigen Lösung wird die Kanalisation selbst als Rückhaltevolumen genutzt, indem die Kanäle über bestimmte Distanzen mit Abflussbremsen aufgestaut werden. Das führt zu so genannten Speicherkaskaden. ,,Durch den verzögerten Abfluss wird Speicher- und Rückhaltevolumen im Kanalnetz aktiviert“, sagt Harald Güthler, der das System entwickelt und patentiert hat. Zwar war das Kaskadenprinzip bereits bekannt und in den entsprechenden Richtlinien sogar vorgesehen, doch wirtschaftlich sinnvolle Realisierungen gab es bisher nicht. „Wir können in Modellrechnungen nachweisen, dass das System funktioniert“, erklärt Güthler. Doch auch in der Praxis hat sich die Abflussbremse bereits bewährt, im schwäbischen Stockach ebenso wie im schweizerischen Solothurn oder in der Region Lamer Winkel im Bayerischen Wald. Das neueste Projekt, im Stuttgarter Ramsbach-Tal oberhalb der Kläranlage Plieningen, wird derzeit fertiggestellt.

Die Bremse besteht aus einem feststehenden, rundgeformten Teil aus rostfreiem Stahl. Davor wird ein in den Schacht hineinragendes Teil so installiert, dass die bei trockenem Wetter anfallenden Abflüsse problemlos abfließen können. Bei Niederschlägen werden die Wassermassen dagegen am vollständigen und sofortigen Abfluss gehindert. Das Ausmaß der Verzögerung kann gesteuert werden. Das hängt davon ab, ob in bestimmten Kanälen lediglich Überläufe verhindert werden sollen oder ob mit schmutzigen Abwässern vermischtes Regenwasser gestaut und mechanisch behandelt werden soll, bevor geklärt wird. Ansonsten würde die Kläranlage überlaufen. ,,Unser System kann etwa die zwei- bis dreifache Trockenwassermenge zurückhalten“, erklärt Güthler.

Um ausreichend viele Bremsen einbauen und die Kaskadenwirkung im Kanalnetz optimal auslegen zu können, mussten Messreihen über Regenfälle ausgewertet werden, die die Landesanstalt für Wasserwirtschaft gesammelt hat. Das Brems-System muss die größte Niederschlagsmenge im Zeitraum von fünf Jahren bewältigen können.

Die Drosselbremse existiert bisher in fünf unterschiedlichen Versionen. Es gibt starre wie flexible Elemente jeweils mit und ohne Regler. Eine Neuerung stellt der so genannte Schwallwell­Spülregler dar, mit dem die Kanäle zusätzlich gespült werden können. Von jedem Bremsentyp gibt es wiederum zahlreiche projektspezifische Varianten, die bis zum Durchmesser von etwa zweieinhalb Metern reichen.

Anerkennungspreis für Umweltbildung

Der Verein ARANEUS leistet vorzügliche Umweltbildungsarbeit schwerpunktmäßig in der Region Nordschwarzwald. Die Inhalte werden altersgerecht aufgearbeitet. Insgesamt haben in den zehn Jahren seit der Gründung etwa 8000 Teilnehmer, größtenteils Kinder und Jugendliche, Veranstaltungen wie Naturabenteuerwanderungen oder ökologischen Kutschfahrten wahrgenommen. Die Veranstalter verstehen es, Interesse für Natur- und Umweltschutzgedanken zu wecken. Ein weiteres Ziel ist die Förderung des sanften Tourismus, um Menschen aus den umliegenden Ballungsgebieten Erholung in der Natur zu ermöglichen. Als nächstes Projekt steht der Bau einer Naturschule aus Holz an, die ganzjährige Aktivitäten ermöglicht.

ARANEUS finanziert seine Arbeit mit Beiträgen und Spenden sowie durch Förderung vom Europäischen Sozialfonds, der Jugendstiftung Baden-Württemberg oder dem Plenum Heckengäu.

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